Anwenderbericht

Simulationen belegen: Ein Einzelairbag ist sicherer und zuverlässiger als Mehrairbag-Systeme

Wandercraft spart mit Simcenter Madymo drei Tage Konstruktionszeit pro Exoskelett-Iteration

Wandercraft spart mit Simcenter Madymo drei Tage Konstruktionszeit pro Exoskelett-Iteration

Wandercraft

Wandercraft entwickelte Atalante X, ein selbststabilisierendes Geh-Exoskelett für die Rehabilitation. Atalante X ermöglicht Patienten mit schweren Gehstörungen, auch bei Arm- oder Kognitionsdefiziten, wieder aufzustehen und zu gehen. Vor Kurzem kündigte das Unternehmen sein persönliches Exoskelett für den Heim- und Gemeinschaftsgebrauch an, das in den nächsten Jahren weltweit erhältlich sein wird.

https://en.wandercraft.eu/

Hauptsitz:
Paris, France
Produkte:
Simcenter 3D Solutions, Simcenter Madymo
Industriezweig:
Medizin- und Pharmatechnik

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Simcenter Madymo ermöglicht uns, die Sicherheit innovativer Gerätefunktionen für Anwender dauerhaft zu gewährleisten.
Fabien Expert, Chief Technology Officer, Wandercraft

Gehbehinderte wieder mobil machen

Krankheit oder Unfall fesseln Millionen Menschen an den Rollstuhl. Trotz technischer Fortschritte bei Rollstühlen fehlt es seit deren Erfindung an wesentlichen Entwicklungen, die Menschen das Stehen und Gehen ermöglichen würden. Der erste Punkt betrifft den sozialen Aspekt, sich größentechnisch von anderen zu unterscheiden. Zweitens kann die verlängerte Sitzposition, die mit der Nutzung des Rollstuhls verbunden ist, zu gesundheitlichen Problemen wie verminderter Knochendichte, Osteoporose, Muskelschwund, Druckgeschwüren, Krämpfen, Blutdruckveränderungen, Gelenkproblemen und sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Nicolas Simon hat mehrere Familienmitglieder mit Charcot-Marie-Tooth, einer
degenerativen Erkrankung, die im Spätstadium oft einen Rollstuhl erfordert.

Mangels Heilmittel wollte Simon eine Alternative anbieten. 2012 gründete er Wandercraft, um ein Exoskelett zu entwickeln, das Querschnittsgelähmten das Gehen ermöglicht.

Das Unternehmen hat den Atalante X für die Reha in Kliniken entwickelt, will dessen Einsatz aber über den Gesundheitssektor hinaus ausweiten. „Unser Ziel ist es, Menschen mehr Selbstständigkeit zu ermöglichen und diese Exoskelette im Alltag einzusetzen, nicht nur unter ärztlicher Aufsicht", erklärt Fabien Expert, CTO von Wandercraft. Schätzungsweise 300.000 Menschen mit Rückenmarksverletzungen allein in den USA könnten vom Exoskelett in seiner aktuellen Form profitieren. Bei der Anpassung der Konstruktion künftiger Versionen streben wir an, den Nutzen durch Erweiterung auf andere Erkrankungen, Schlaganfallreha und MS zu vergrößern.“

Wandercraft verwendete hierfür die Simcenter™ Madymo™-Software von Siemens Digital Industries Software. Simcenter Madymo, primär für die Auto-Branche konzipiert, beschleunigt die Entwicklung verbesserter Insassen- und Fußgängerschutzsysteme. Simcenter Madymo ist Teil der Siemens Xcelerator Business-Plattform mit Software, Hardware und Services.

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Verletzungsrisiko minimieren

Mit dem Gerät auf die Straße zu gehen, ist ein Meilenstein. "Sicherheit steht an erster Stelle", erläutert Expert. "Die Menschen, denen wir helfen, können sich eigenständig im Rollstuhl fortbewegen. Das Exoskelett ermöglicht ihnen das Stehen und Gehen, jedoch gilt es, das Verletzungsrisiko zu minimieren. Sollten sie beispielsweise stürzen und sich Brüche oder Kopfverletzungen zuziehen, wäre ihre Situation noch prekärer als zuvor.“

Da sich das Exoskelett als funktionsfähig erwiesen hatte, musste Wandercraft dessen Schutz so optimieren, dass Anwender ohne Angst vor Unfällen oder Folgeschäden damit umgehen konnten.

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Persönliches Airbag-System

Wandercraft ließ sich von Fahrzeug-Airbags inspirieren, die Aufprallenergie absorbieren und so das Verletzungsrisiko verringern. Das Exoskelett ist so konstruiert, dass sein Schwerpunkt auf dem Rücken liegt. Bei einem Stromausfall entsteht dadurch ein Ungleichgewicht, wodurch der Träger unweigerlich nach hinten kippen würde. Das ermöglicht die Anbringung des Airbags auf der Rückseite zum Schutz des Anwenders.

Um die volle Funktionalität des Airbags sicherzustellen, waren eingehende Untersuchungen und Beurteilungen unerlässlich. Er sollte sich nahtlos ins Exoskelett integrieren lassen, ohne den Träger zu beeinträchtigen, und gleichzeitig ausreichend Schutz bieten, um das Verletzungsrisiko bei Stürzen erheblich zu minimieren.

„Zuerst mussten wir die Machbarkeit des Projekts sicherstellen“, erläutert Expert. „Wir müssen Stürze erkennen und den Airbag binnen einer halben Sekunde auslösen können. Es war entscheidend festzulegen, ob mehrere oder ein einzelner Airbag vorteilhafter wären und die Größe so zu optimieren, dass ausreichend Schutz bei minimalem Zusatzgewicht für das Exoskelett geboten wird.“

Der Bau physischer Prototypen zur Erprobung hätte enorm viel Zeit in Anspruch genommen, da jeder Airbag in Handarbeit gefertigt werden musste. Der Einsatz physischer Dummys würde keine umfassenden Erkenntnisse über potenzielle Verletzungen von Anwendern liefern. Wandercraft brauchte eine effizientere Methode, um den menschlichen Körper detailgetreu zu simulieren und die Schutzwirkung des Airbags bei Stürzen genau vorherzusagen.

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Verknüpfung von FEA und Mehrkörperdynamik

Zu Beginn nutzte Wandercraft ein Simulationstool für die Finite-Elemente-Analyse (FEA), das jedoch nicht die benötigten Daten lieferte. „Wir konnten den Patienten nicht präzise genug simulieren, um potenzielle Verletzungen vorherzusagen“, erläutert Maxime Beck, Head of Mechanical Engineering. „Wir nutzten zuvor ein eigenständiges Tool für Mehrkörpersimulation, suchten aber nach einer integrierten Lösung, die beides vereint.“

Auf der Suche nach einer Lösung wandte sich Wandercraft an die Universität Straßburg. „Die Universität hat uns Simcenter Madymo nähergebracht“, erklärt Beck. „Wir konnten zwar Beschleunigung und Winkelgeschwindigkeit erfassen, waren uns jedoch unsicher, wie diese Daten zur Prognose der Auswirkungen auf den Patienten eingesetzt werden sollten. Die Universität Straßburg demonstrierte, wie man mittels Simcenter Madymo Simulationen erstellt und dessen Menschmodelle nutzt, um Auswirkungen auf den Anwender zu erfassen.

„Die Tatsache, dass Simcenter Madymo für Fahrzeugsicherheitssimulationen eingesetzt wurde, erwies sich als äußerst hilfreich, da zahlreiche Modelle zur Funktion von Airbags verfügbar sind. Mit Simcenter Madymo konnten wir die Simulationsergebnisse mit den Resultaten realer Tests abgleichen, was uns die nötige Sicherheit gab, das Projekt voranzutreiben. „Dann konnten wir mit jeder Iteration optimieren, ohne bei jeder Änderung der Konstruktion einen neuen Prototyp erstellen zu müssen.“

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Vereinfachte Konstruktion und kürzere Entwicklungszeit

Ein Hauptergebnis der Simulation war die Ermittlung der optimalen Airbag-Anzahl – vorrangig zur Maximierung der Sicherheit, aber auch zur Kostenoptimierung des Geräts. „Die Simulation ermöglichte es uns, diverse Airbag-Konfigurationen zu erproben. Dabei stellten wir fest, dass mehr Airbags nicht zwangsläufig einen besseren Schutz bieten“, erläutert Beck. „Jeder zusätzliche Airbag benötigt ein eigenes Treibmittel und einen separaten Auslöser, was die Komplexität des Systems erheblich steigert. Da wir wussten,
dass ein einzelner großer Airbag genauso effektiv schützt wie mehrere kleinere, konnten wir die Komplexität verringern und die gesamte Einheit vereinfachen sowie kostengünstiger produzieren.“

Tatsächlich ist ein einzelner Airbag nicht nur kostengünstiger, sondern auch sicherer. Ein Multi-Airbag-System erfordert, dass jeder Airbag präzise zum optimalen Zeitpunkt ausgelöst wird. Wenn einer versagt, ist es, als hätte man gar keinen Schutz. Je komplizierter ein System, desto größer die Ausfallwahrscheinlichkeit. Mit nur einem Airbag und einem Auslöser wurde das System auf Anhieb
zuverlässiger.

Expert betont, dass Simcenter Madymo den Entwicklungsprozess deutlich beschleunigt hat: „Zur Fertigung eines physischen Prototyps benötigte ein Ingenieur jeweils drei Tage. Dieser Prozess ist derart einzigartig, dass nur eine einzige Person über die erforderlichen Kompetenzen verfügte. Ohne Simulation hätten wir unsere Theorien nur mit langen Wartezeiten zwischen den einzelnen Iterationen testen können. Es hätte so viel Zeit gekostet, die optimale Konstruktion zu erreichen, dass es schlichtweg nicht praktikabel gewesen wäre,
dies umzusetzen.

„Nachdem der Prototyp fertiggestellt ist, braucht es einen weiteren Tag für den Testaufbau, aber eine Simulation mit allen gewünschten Parametern können wir in wenigen Stunden einrichten.“

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Vorschriften, Verbesserungen und neue Features

Nachdem Wandercraft die Sicherheit seines Exoskeletts nachgewiesen hat, führt das Unternehmen nun weitere Tests zur Erfüllung der erforderlichen Zulassungskriterien durch. „Wir streben an, die endgültige behördliche Genehmigung bis spätestens Ende 2025 zu erlangen“, erklärt Expert. „Dann können wir es auf den Markt bringen und werden erleben, wie Menschen unser Exoskelett im Alltag einsetzen.“

Doch dies ist nur der Auftakt. Mithilfe der durch das erste Gerät ermöglichten Simulation wird Wandercraft diese weiterhin zur Optimierung künftiger Produkte einsetzen. „Wir haben das erste Ziel erreicht: Patienten aus dem Rollstuhl zu befreien“, berichtet Expert. „Aber das Ziel ist es, ihnen einen Mehrwert zu bieten. Wir wissen, dass sie mehr fordern werden, sobald sie ihre neue Freiheit erleben – sei es eine Freiheit, die sie seit einer Verletzung vermisst haben, oder eine, die sie aufgrund einer angeborenen Erkrankung nie kannten. Wir planen, weitere Funktionen zu entwickeln, um
dieser Nachfrage zu entsprechen. „Dank Simcenter Madymo können wir stets gewährleisten, dass Geräte mit
diesen neuen Funktionen für die Anwender sicher sind.“

Die Verwendung von Simcenter Madymo für Fahrzeugsicherheitssimulationen erwies sich als äußerst vorteilhaft, da zahlreiche Modelle zur Funktion von Airbags verfügbar sind.
Maxime Beck, Head of Mechanical Engineering, Wandercraft