NX, Teamcenter und Tecnomatix ermöglichen Pollmann den Erhalt einer führenden Position als Anbieter von Automobilteilen
Gegründet als Handwerksbetrieb für die Herstellung von Uhren und Präzisionsinstrumenten, wurde Pollmann 1980 zum Automobilzulieferer. Spezialisiert auf die Produktion komplexer Module in hohen Stückzahlen, wurde das Unternehmen zum Weltmarktführer bei Schiebedach-Kinematiken und elektromechanischen Türschlossgehäusen. An fünf Standorten in Österreich, der Tschechischen Republik, China und den USA beschäftigt Pollmann International über 1.790 Mitarbeiter und erlöst mehr als EUR 177 Mio. Jahresumsatz (2018).
Beinahe jedes weltweit hergestellte Auto enthält Komponenten von Pollmann International. Das Familienunternehmen blickt auf mehr als 130 Jahre Erfahrung zurück und gehört in seiner Nische zu den Weltmarktführern. In der Unternehmenszentrale im Norden Österreichs entstehen hoch komplexe mechatronische Baugruppen.
Zu diesen gehören Schiebedach-Kinematiken und elektromechanische Türschlosskomponenten sowie Baugruppen für Motorraum und Antriebsstrang. Dazu kommen immer öfter auch kundenspezifische Teile und Baugruppen für die Elektromobilität. Von fünf Produktionsstätten in Europa, Asien und Nordamerika aus beliefert Pollmann Automobilmarken weltweit mit diesen intelligenten Kombinationen von Metall, Kunststoff und Elektronik.
Schlüsseltechnologien für die Produktion dieser Komponenten sind der Einlagespritzguss, bei dem Metallteile umspritzt werden, und die Outserttechnik, bei der Kunststoff-Funktionselemente auf tragende Metallteile aufgespritzt werden. Als One-Stop-Shop bietet Pollmann First-Tier-Suppliern aus einer Hand integrierte Lösungen samt den benötigten Stanz- und Spritzgießwerkzeugen und automatisierten Teilefertigungsanlagen. An allen Pollmann-Standorten erfolgt die Montage von Teilen zu komplexen Baugruppen zur direkten Integration in die Produktionsprozesse der Kunden.
Früher nutzte Pollmann parametrische CAD-Software von einem Hersteller für die Konstruktion und CAM-Software verschiedener Marken für die NC-Programmerstellung. Es gab keine PDM- oder PLM-Systeme, sämtliche Produktdaten wurden in verschiedenen dateibasierten Systemen abgelegt.
Der Umgang mit dieser Vielfalt an Softwaretools und Informationssilos wurde immer mühsamer. Wegen der dateibasierten Ablage verursachte die Freigabeverwaltung zusätzliche Arbeit, zeitraubende Suchen und häufige Fehler. Das Fehlen einer gemeinsamen Wissensbasis bremste standortübergreifende Entwicklungsprojekte. Zudem erschwerte der Gebrauch uneinheitlicher Methoden für das Importieren von CAD-Daten in Neutralformaten die Verarbeitung fremder 3D-Modelle.
Der Pollmann-Geschäftsleitung war die Notwendigkeit bewusst, das Informationsmanagement im Engineering zu verbessern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Unser Ziel war, unproduktive Arbeiten zu reduzieren und die ansteigenden Kundenänderungen schnell und rückverfolgbar zu managen“, sagt Markus Stocklasser, Entwicklungsleiter bei Pollmann. „Um die weltweite Zusammenarbeit zu erleichtern, entwickelten wir die Vision, sämtliche produktbezogene Daten und Dokumente in einem PDM-System abzulegen.“
Im Verlauf ihrer Marktstudien erweiterten die Pollmann-Experten den Umfang ihrer Produktrecherchen um Workflow-Funktionalitäten. Statt eines PDM-Systems suchten sie nun ein PLM-System. Zu den fünf Unternehmen in der engeren Auswahl gehörten unabhängige PLM-Softwarehersteller ebenso wie Anbieter von Software sowohl für PLM als auch für CAD/CAM/CAE.
„Wir kannten auch die Schwächen der bisher verwendeten, streng parametrischen Software“, sagt Markus Hiess, PLM/ CAD-Administrator bei Pollmann. „Um diese zu überwinden und eine bessere Datenkonsistenz zu erzielen, entschlossen wir uns, einen integrierten Ansatz zu verfolgen und ein neues PLM-System mit einer flexibleren Software für CAD und CAM zu verbinden.“
Die Engineering-Fachleute entschieden sich für Lösungen von Siemens Digital Industries Software. Dabei handelt es sich um eine kombinierte Implementierung von Teamcenter®, einem anpassungsfähigen PLM-System, das Personen und Prozesse über funktionale Silos hinweg mit einem digitalen roten Faden verbindet, und NX™, einer integrierten CAD/CAM/ CAE-Lösung.
NX umfasst alle Aspekte der Produktentstehung und stellt dabei von der Teilekonstruktion bis zur Werkzeugmontage ohne externe Schnittstellen die volle Datendurchgängigkeit sicher.
Die NX-Applikationen für die Werkzeugkonstruktion können beinahe beliebige 3D-Datenformate verarbeiten und die Entwickler müssen zur Überprüfung ihrer Konstruktionen NX nicht verlassen.
„Mit dieser umfassenden Lösung teilen Produkt- und Teileentwickler, Werkzeugkonstrukteure und NC-Programmierer eine gemeinsame Softwareumgebung“, sagt Stocklasser. „Dadurch kann die Werkzeugkonstruktion noch vor Abschluss der Produktentwicklung beginnen, was den Gesamtprozess erheblich beschleunigt.“
„Mit Teamcenter haben wir die volle Kontrolle über unsere Produktdaten“, ergänzt Hiess. „Darüber hinaus können wir mit dieser Software über Abteilungen und Standorte hinweg unsere Prozesse steuern und die Kollegen von unproduktiven Nebentätigkeiten entlasten.“
Die überlegenen Eigenschaften dieses Softwareproduktes waren nicht der einzige Grund für Pollmanns Wahl. „Ebenso entscheidend war dafür die Softwarestrategie von Siemens“, sagt Stocklasser. „Für das global aufgestellte Unternehmen sprach dessen langfristiges Engagement, das Portfolio zu erweitern, um sämtliche Aspekte von Produkt und Produktion mit voller Datendurchgängigkeit in einem digitalen Zwilling abzubilden.“
In einer ersten Implementierungsphase stattete Pollmann in der Unternehmenszentrale etwa 60 CAD- und CAM-Daten generierende Arbeitsplätze in Teile- und Werkzeugkonstruktion sowie den Werkzeugbau mit Teamcenter und NX aus. Um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten, wurden für die Implementierung fünf Key User und ein Administrator abgestellt. Da Pollmann überwiegend individuelle Teile erzeugt, kam es zu keiner Migration von Produktdaten.
Diese Umstellung führte zu bedeutenden Verbesserungen. „Mit NX, Bewegungssimulationen und Füllstudien für Kunststoffe sowie FEM-Berechnungen können wir noch vor der Prototypenphase Teilegeometrien überprüfen“, sagt Hiess. „Mit Teamcenter als alleinige Informationsquelle entwickeln unsere Abteilungen gemeinsam kostenoptimierte Lösungen und Innovationen.“
„NX unterstützt auch parametrisches Arbeiten und die einzigartige Flexibilität seiner Synchronous-Technologie machte die Werkzeugkonstruktion um 35 % schneller“, sagt Stocklasser. „Zusätzlich war ich angenehm überrascht von den Blechfunktionen der Software, besonders von der schnellen Abwicklung komplexer Freiformteile.“
Pollmann-Konstrukteure hatten in der Werkzeugkonstruktion immer schon Logikfunktionen genutzt. Für das Automatisieren komplexer, wiederkehrender Aufgaben nutzen sie nun NX Open. Sie verwenden auch NX Mold Wizard, NX Progressive Die Wizard und NX Electrode Wizard. Ohne jede Programmierung kann dieses leistungsfähige Bündel an NX-Applikationen die Werkzeugkonstruktion stark optimieren. NX Mold Wizard bietet automatisierte Abläufe für die Arbeit mit der Teilegeometrie, etwa für Trennflächen und automatische Aktualisierungen. Der NX Progressive Die Wizard führt durch sämtliche Stadien der Konstruktion von Folgeverbundwerkzeugen und führt durch Vereinfachung komplexer Prozesse und Automatisierung mühsamer Aufgaben zu einer signifikanten Zeitersparnis.
NX Electrode Wizard ermöglicht die automatisierte Konstruktion von Elektroden für die Funkenerosion auf Basis des Werkzeugmodells, das wiederum aus dem 3D-Teilemodell abgeleitet ist. „Die Elektrodenkonstruktion war einst eine Woche Arbeit für hoch qualifizierte Spezialisten“, sagt Hiess. „Mit NX Electrode Wizard erledigen unsere Leute diese Aufgabe nun in zwei Tagen.“
„Der wesentliche Geschwindigkeitsvorteil, den NX bringt, ermöglicht uns Konstruktionen mit deutlich höherem Detailgrad“, sagt Stocklasser. „Das verbessert Qualität und Produzierbarkeit und hat Nacharbeiten komplett eliminiert.“
Pollmanns Digitalisierungsanstrengungen umfassen auch die Abteilung Automatisierung und Robotik, wo der Automobilzulieferer maßgeschneiderte Lösungen für die eigene Produktion entwickelt, baut und in Betrieb nimmt. Diese reichen von assistierten Handarbeitsplätzen bis zu hoch komplexen Spritzgießanlagen mit integrierten Prüf- und Montagefunktionen.
In der Anlagenkonstruktion nutzt Pollmann Process Simulate, eine digitale Produktionslösung aus dem Tecnomatix®-Portfolio von Siemens, für die virtuelle Vorab-Überprüfung von Produktionsprozessen in einer 3D-Umgebung. Dazu gehört das Ermitteln des Platzbedarfs für Roboter ebenso wie Zykluszeit-Analysen für SPS- und Roboter-Programme.
Zum Modellieren, Simulieren, Analysieren, Visualisieren und Optimieren größerer Produktionsanlagen und -Prozesse wie das neue Pollmann-Werk in Vitis verwenden die Spezialisten Plant Simulation, ebenfalls aus dem Tecnomatix-Portfolio. Für die Erstellung der Modelle importieren sie Daten aus NX im Dateiformat JT™.
„Mit Tecnomatix bauen wir den digitalen Zwilling der für die Herstellung unserer Teile benötigten Produktionsanlagen“, sagt Michael Appel, Industrieprozess- und Steuerungsingenieur bei Pollmann. „Die virtuelle Inbetriebnahme unserer Produktionszellen samt Robotern, Förderbändern und Maschinen führt zu hoher Prozessstabilität und hilft uns, die Zeit zum Markt zu verkürzen.“
Nach der erfolgreichen Implementierung im Werk Karlstein erfolgte das weltweite Ausrollen von NX und Teamcenter. Die so geschaffene einheitliche PLM-Softwareumgebung verbesserte massiv die Zusammenarbeit zwischen den Standorten.
„Besonders am Ende der Werkzeugkonstruktion sind zum Ausgleichen von Schrumpfen oder Verformung erforderliche Korrekturen zeitkritisch“, sagt Hiess. „Früher verloren wir mangels Datenkonsolidierung zwischen den Standorten manchmal mehrere Tage. Das gibt es heute nicht mehr.“
In Zukunft werden durch Integration von Microsoft® Office® und Teamcenter-Visualisierung alle relevanten Produktdaten auch den nicht-technischen Abteilungen zur Verfügung stehen. So wird der Vertrieb starke Präsentationen auf Basis gültiger Konstruktionsdaten erstellen können.
Mit den Workflow-Fähigkeiten von Teamcenter werden nach Fertigstellung eines Werkzeugs durch den Konstrukteur sämtliche Stücklisten, Zeichnungen, PDF und STEP-Dateien automatisch generiert und weitergeleitet. „Das entlastet unsere Konstrukteure von einer Menge unproduktiver Nebentätigkeiten“, sagt Hiess. „Da es hilft, Fehler zu vermeiden, haben wir stets die Gewissheit, dass alle Folgeprozesse auf gültigen Informationen aufsetzen.“